Geldverkehrsrechnung bei einer GmbH
Geldverkehrsrechnungen, die das Finanzamt beim Gesellschafter (Gesellschafter-Geschäftsführer) einer GmbH durchführt, rechtfertigen keine Hinzuschätzungen bei der Kapitalgesellschaft selbst.
Praxis-Beispiel:
Bei einer GmbH, bei der der alleinige Gesellschafter gleichzeitig auch einziger Geschäftsführer war, kam die Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, dass die Kassenführung zum Teil erhebliche Mängel aufwies. Weiterhin kam die Prüferin zu dem Ergebnis, dass in erheblichem Umfang Barentnahmen und Bareinlagen aus bzw. in die Kasse erfolgt waren, zu denen es keine bzw. lediglich Eigenbelege gab. Die Gegenbuchungen erfolgten in der Buchführung auf den Buchführungskonten, die mit „Darlehn“ bezeichnet waren. Im weiteren Verlauf der Betriebsprüfung kontrollierte die Prüferin auch die Privatkonten des Gesellschafters und seiner Ehefrau und führte auf der Grundlage der vorliegenden Kontenauszüge für jedes einzelne Kalenderjahr eine eigene Bargeldverkehrsrechnung durch, um zu ermitteln, welche Bargeldbestände dem Gesellschafter für die Bareinlagen, die von ihm getätigt wurden, zur Verfügung gestanden hätten. Die Prüferin vertrat die Auffassung, dass bei der GmbH bisher nicht versteuerte umsatzpflichtige Mehreinnahmen zusätzlich zu erfassen seien. Gleichzeitig seien die Mehrerlöse (netto) als verdeckte Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter zu qualifizieren.
Das Finanzgericht hat entschieden, dass das Finanzamt berechtigt war, Mehrerlöse zu schätzen, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht ermittelt oder berechnet werden konnten. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden können, oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen.
Allerdings eröffnen die von der Betriebsprüfung durchgeführten Geldverkehrsrechnungen keine Schätzungsbefugnis. Aufgrund der beim Gesellschafter-Geschäftsführer festgestellten ungeklärten Vermögenszuwächse kann nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Kapitalgesellschaft entsprechende bislang nicht erfasste Betriebseinnahmen erzielt hat. Selbst wenn die ungeklärten Vermögenszuwächse durch betriebliche Aktivitäten erzielt wurden, lässt dies nicht den Schluss zu, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer die entsprechenden Beträge im Namen und auf Rechnung der Kapitalgesellschaft vereinnahmt hat.
Es ist ebenso gut möglich, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer die Einnahmen im Rahmen von Eigengeschäften erzielt hat, an denen er durch sein Amt als Geschäftsführer nicht gehindert ist. Es ist nicht von vornherein unwahrscheinlich, dass er auch in eigener Person über die erforderlichen einschlägigen Geschäftskontakte und Erfahrungen verfügt hat, um Geschäfte im eigenen Namen und für eigene Rechnung zu ergreifen und durchzuführen. Es können keine nachteiligen Schlüsse zu Lasten der Kapitalgesellschaft gezogen werden, nur weil die Herkunft der beim Gesellschafter festgestellten ungeklärten Vermögenszuwächse nicht aufgeklärt werden konnten und dieser seine steuerlichen Mitwirkungspflichten verletzt hat.
Die Verletzung der Mitwirkungspflicht ist nur dem Gesellschafter-Geschäftsführer persönlich anzulasten, weil prinzipiell die Besteuerung der Kapitalgesellschaft von der ihrer Gesellschafter zu trennen ist. Aus einer fehlenden Aufklärung bezüglich der Mittelherkunft kann daher allenfalls die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Gesellschafter persönlich entsprechende bislang steuerlich nicht erfasste Einnahmen aus Eigengeschäften erzielt hat.
Hinweis: Das Finanzgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.