Verbraucherschutz als Zweckbetrieb
Zu den steuerlich begünstigten gemeinnützigen Zwecken gehört u.a. auch "die Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz". Eine Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz liegt auch dann vor, wenn es sich um eine auf die individuelle Situation des Verbrauchers ausgerichtete Aufklärung und Information über Versicherungen handelt. Das heißt, dass die individuelle Verbraucherberatung gegen Entgelt im Rahmen eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs erfolgen kann.
Praxis-Beispiel:
Die Klägerin ist eine gemeinnützige Körperschaft, deren Zweck in der Förderung des Verbraucherschutzes besteht. Sie hat diesen Zweck insbesondere durch vergleichende Untersuchungen an Waren und Leistungen sowie durch die Veröffentlichung der Arbeitsergebnisse verwirklicht. Zur Durchführung dieser Tests erhob sie Daten am Markt und erfasste, erweiterte und pflegte diese in Datenbanken oder Tabellenkalkulationsprogrammen. Für die veröffentlichten Testberichte definierte sie "Musterfälle", für welche die jeweiligen Versicherungen ausgewertet und verglichen wurden. Da aufgrund der Vielzahl von Tarifen ein verwertbarer Versicherungsvergleich für den Verbraucher nur anhand von individuellen Faktoren erstellt werden konnte, bot die Klägerin eine Versicherungsvergleichsanalyse ("Finanzanalyse") mit individuellen Daten an (Preis zwischen 10 € und 29 €). Als Ergebnis dieser Finanzanalyse erhielt der Verbraucher eine Computerauswertung seiner Daten, ohne dass jedoch eine persönliche Beratung stattfand. Mit der Durchführung dieser Finanzanalysen erwirtschaftete die Klägerin bei Umsätzen von ca. 100.000 € einen Verlust in Höhe von ca. 70.000 €.
Das Finanzamt ordnete die durchgeführten "Finanzanalysen" dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu. Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass es sich um einen steuerlich begünstigten Zweckbetrieb handelt, bei dem die Umsätze gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen seien. Da das Finanzgericht der Klage stattgab legte das Finanzamt Revision beim BFH ein.
Der BFH hat entschieden, dass es sich um einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb handelt, weil die Allgemeinheit auch dann gefördert wird, wenn sich die individuelle Aufklärung an einen zahlenmäßig nicht begrenzten Personenkreis richtet. Die Möglichkeit, Computerauswertungen zu Versicherungen auf der Basis individueller Merkmale zu erwerben, führt nicht zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, weil nur ein eingeschränktes Wettbewerbsverhältnis zu Versicherungsportalen, Versicherungsmaklern und Versicherungsberaten besteht.
Konsequenz: Der BFH hat die Revision des Finanzamts hinsichtlich der Festsetzung der Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuer-Messbetrags als unbegründet zurückgewiesen. Bei der Umsatzsteuer hat der BFH das Urteil des Finanzgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Damit widerspricht der BFH der Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 12.9 Abs. 9 UStAE, dass die Umsätze eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs automatisch mit dem ermäßigten Steuersatz von 7% versteuert werden. Laut BFH unterliegen hier die Umsätze dem Regelsteuersatz von 19%, weil die Regelung nach EU-Recht einschränkend ausgelegt werden müsse. Danach kann der ermäßigte Streuersatz nur in den Fällen angewendet werden, in denen eine gemeinnützige Einrichtung für wohltätige oder soziale Zwecke tätig ist.