Verzicht auf ein Wohnrecht = Werbungskosten
Vorab entstandene Werbungskosten liegen vor, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang mit künftigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anzunehmen ist. Das ist der Fall, wenn der Berechtigte eines Erbbaugrundstücks dem Inhaber eines Wohnrechts ein Entgelt dafür zahlt, dass dieser der Löschung seines Wohnrechts zustimmt und das Gebäude räumt. Nur so war es erreichbar, das Wohngebäude zu vermieten und Einkünfte daraus zu erzielen.
Praxis-Beispiel:
Der Kläger hatte im Jahr 2012 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge das Erbbaurecht für ein Grundstück erworben. Auf dem Grundstück befindet sich ein Wohngebäude (Doppelhaushälfte). Das Erbbaurecht war mit einem Wohnrecht belastet. Der Kläger machte die Ausgleichsentschädigung für die Aufgabe des Wohnrechts (40.000 €) und die Notarkosten für die Beurkundung des Verzichts auf das Wohnrecht (3.591,89 €) als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt wertete die Ausgleichsentschädigung für die Aufgabe des Wohnrechts und die damit im Zusammenhang stehenden Beurkundungskosten nicht als Werbungskosten, sondern als Anschaffungskosten des Wohngebäudes und berücksichtigte diesen Aufwand durch die Erhöhung der Abschreibung.
Der Kläger war der Auffassung, dass die Ausgleichsentschädigung für das Wohnrecht und die dafür angefallenen Beurkundungskosten in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind, weil nur dadurch die entgeltliche Nutzungsüberlassung der Doppelhaushälfte möglich war.
Der BFH hat entschieden, dass Finanzamt und Finanzgericht zu Unrecht davon ausgegangen sind, dass der Kläger die Ausgleichsentschädigung für das gelöschte Wohnrecht und die in diesem Zusammenhang angefallenen Beurkundungskosten nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen kann. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst sind. Fallen Aufwendungen an, bevor damit Einnahmen erzielt werden, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden. Voraussetzung ist, dass ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht.
Der Kläger war nur deshalb in der Lage, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, weil er die unentgeltliche Überlassung aufgrund des Wohnrechts durch eine entgeltliche Nutzungsüberlassung ersetzt hat. Erst dadurch war er in der Lage, an Dritte vermieten können. Konsequenz: Der Aufwand für die Ablösung des Wohnrechts steht in einem ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einnahmen aus der Vermietung. Der Aufwand kann somit als (vorab entstandene) Werbungskosten berücksichtigt werden. Die Grundstücksnutzung nach Ablösung des Wohnrechts stellt den Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung her. Ohne Bedeutung ist es in diesem Zusammenhang, dass der Verzicht auf das Wohnrecht nicht nur schuldrechtlich vereinbart wurde, sondern das dingliche Recht im Erbbaugrundbuch gelöscht wurde.